Der kälteste Maitörn aller Zeiten.

Am 30.4.2019 war es wieder so weit. 2 Ausbildungscrews und 3 Begleitschiffe machten sich in Heiligenhafen bereit: Proviant verstauen, Bier bunkern, Sicherheitseinweisung und viel Vorfreude auf die kommenden 10 Tage. Die Routenplanung soll uns diesmal zunächst Richtung Osten fürhen, und dann durch das Smaland-Fahrwasser zum Großen Belt. Der Wind bläst kräftig aus West.

Am Mittwoch 1.5.2019 soll es durch den Fehmarnsund nach Kühlungsborn gehen. Der Wind hat auf 5 Bft aus West aufgefrischt, und da es schon seit einigen Tagen aus dieser Richtung weht, hat sich eine respektable Welle aufgebaut. Wir legen trotzdem ab. Im Sund ist die Welle noch gut zu ertragen, und gegen halb 12 passieren wir die Fehmarnsundbrücke. Und je weiter wir uns vom Festland entfernen um so unangenehmer baut sich die Welle von schräg achtern auf. Die Schiffe schlingern extrem, und den einen oder anderen sucht die Seekrankheit heim. Dazu kommt die niedrige Lufttemperatur im unteren einstelligen Bereich, was sich bei 5 Bft. anfühlt wie – 5°C. Gegen 16 Uhr erreichen wir abgekämpft Kühlungsborn, und mit festem Boden unter den Füßen geht es allen schnell besser.

Der Donnerstag empfängt uns mit einer Windvorhersage von bis zu 8 Bft und ähnlichen Temperaturen wie gestern. Die Route sollte heute eigentlich nach Norden in Richtung Gedser gehen, aber die Aussicht auf einen Ritt mit Welle querab und in Böen 8 Bft (und Charterschiffen, bei denen das dritte Reff dem Sparfuchs zum Opfer fiel) lässt die Entscheidung leicht fallen: Hafentag. Die geschundenen Crews brauchen etwas Entspannung. Wir streichen Gedser von der Route und beschließen, direkt Stubbeköbing anzulaufen.

Am Freitag (3.5.) geht es früh los, um 9 Uhr heißt es „Leinen los“. Der Wind ist im Mittel auf 4 Bft abgeflaut, es schlagen aber immer wieder wie aus dem Nichts Böen von 30 kn und mehr zu. Auch steht noch eine respektable Welle, die den Steuerleuten eine Menge abverlangt. Aber wir sind ja nicht zum Vergnügen hier! Hinter der Huk von Gedser lässt die Welle nach, die Böen erzeugen aber immer wieder mal einen Sonnenschuss. Später bergen wir die Segel und laufen unter Maschine die letzten 6 sm, da es unmöglich erscheint, gegen diesen extrem böigen Wind im engen Fahrwasser aufzukreuzen. Am späten Nachmittag erreichen wir nach über 50 sm Stubbeköbing.

Einsam und verlassen in Vejrö

Der Samstag begrüßt uns freundlich, fast ein wenig hinterlistig. Ziel heute ist Vejrö und wir legen gegen 11 Uhr gutgelaunt ab. Der Wind hat auf NW gedreht und erlaubt es zunächst, einen schönen Am-Wind-Kurs zu fahren und bei 5 Schiffen, einigen Kreuzschlägen und guter Stimmung kommt schnell ein bisschen Regatta-Feeling auf. Leider zieht sich der Himmel mehr und mehr zu, es kommen schwere Regenwolken auf, die neben (kaltem!!) Regen auch heftige Böen mitbringen. Wassersport ist halt nasser Sport! Am frühen Nachmittag ist der Wind plötzlich fast weg (< 2 Bft.), so dass wir ein ganzes Stück unter Maschine laufen müssen. Wir erreichen Vejrö am frühen Abend. Der Hafen ist offiziell noch geschlossen, weshalb niemand kommt und Liegegebühr kassiert… auch ganz praktisch.

Eigentlich war geplant, von Vejrö aus die Nachtfahrt zu machen. Aufgrund der extremen Temperaturen nahe Null Grad hat irgendwie keiner Interesse daran, bei Nacht zu fahren. Die Entscheidung, die Nachtfahrt gegen zusätzliche Manöverübungen zu tauschen trifft auf fruchtbaren Boden.

Knochenarbeit: das Rollsegel befreien…

Wir machen uns auf den Weg nach Spodsbjerg, am Sonntag um 11 Uhr geht es los. Der Wind meint es nicht gut mit uns, an Stelle eines günstigen Nord bis Nordwest weht es mit 4 – 5 Bft aus West, was uns zunächst zum Kreuzen und später zur Maschinenfahrt zwingt. In Spodsbjerg angekommen gibt es dann ein Problem mit dem Rollgroß eines der Ausbildungsschiffe. Es hat sich derart verklemmt, dass es sich von Deck aus nicht mehr ausrollen lässt. Es muss also einer „in den Mast“…

In Spodsbjerg trennt sich die Flottille. Die Ausbildungsschiffe bleiben noch einen Tag dort und üben Hafenmanöver. Um diese Zeit ist der Hafen – abgesehen von den Anglerbooten – fast komplett leer, so dass man hervorragend Hafenmanöver üben kann ohne sich böse Blicke oder Kommentare einzufangen.

Die Begleitschiffe laufen nach Norden, umrunden die Nordspitze von Langeland und legen in Lohals an. Auch hier erwischen uns wieder heftige Böen bei einem mittleren Wind von 5 Bft aus Südwest. Wir sind froh, als wir in Lohals festmachen können. Ach ja: es ist auch nicht ein bisschen wärmer geworden, noch immer bewegen sich die Temperaturen im unteren einstelligen Bereich. Die Heizung an Bord läuft im Dauerbetrieb.

Der Dienstag (7.5.) führt die Begleitschiffe nach Marstal während die Ausbildungsschiffe in Richtung Heiligenhafen laufen. Wir entscheiden uns, diesmal nicht durch den Svendborgsund sondern an Ruddeköbing vorbei in Richtung Marstal zu gehen. Immer wieder erwischen uns Regen- und Hagelschauer aus dicken Quellwolken – natürlich mit den passenden Böen dabei!! Trotzdem erreichen wir am frühen Nachmittag Marstal – und siehe da: der Wind flaut merklich ab und der Himmel klart auf. Das Sturmtief hat scheins doch aufgegeben…??

Am MIttwoch geht es auch für uns zurück nach Heiligenhafen – am Donnerstag soll ja die Prüfung sein. Der Wind hat auf Ost gedreht und erlaubt es uns, weite Strecken einen fast perfekten Am-Wind-Kurs zu segeln. Nur kurze Stücke müssen wir unter Maschine laufen, weil zeitweilig der Wind auf SE dreht, was für uns genau gegenan ist. Gegen 17 Uhr erreichen wir die Ost-Kardinaltonne vor Heiligenhafen, bergen die Segel und laufen ein.

Am Donnerstag ist Prüfung – einen Tag früher als ursprünglich geplant. Zwei Prüflinge müssen am Freitag Abend pünktlich ihre Bachelor-Urkunde entgegennehmen, so dass wir die Prüfung einen Tag vorverlegt haben. Der PA Lübeck ist uns hier freundlicherweise entgegen gekommen. Zwei Prüflinge werden Opfer ihrer Nerven, alle anderen bestehen die Prüfung.

Nach 10 Tagen mit Temperaturen kanpp über Null Grad (dies ist der erste Törn bei dem ich mehr Diesel verheuzt habe als verfahren!), Wind quasi konstant 5 + Bft., viel Regen, Hagel und wenig Sonne könnte man meinen, alle freuen sich auf das warme Zuhause – und dennoch fällt es allen schwer, das Gepäck von Bord zu holen und die Schiffe zurück zu geben. Aber es bleibt die Erkenntnis: Nach de Törn ist vor dem Törn 🙂

Das gab es auch noch nicht: Gruppenforo im Ölzeug…..